Ö-Pe-Enn-Vau

Es hat mich erwischt. Ich muss für ein Jahr das Auto stehen lassen und mir Alternativen zum motorisierten Individualverkehr suchen. Nein, meinen Führerschein habe ich noch, und die Polizei hat auch nichts dagegen, wenn ich fahre, aber die Ärzte sähen es nicht so gerne.

E-Scooter? Eher nicht, aber ich habe lange darüber nachgedacht. Fahrrad? Ja, durchaus, und das werde ich auch nutzen. Allerdings gibt es zu viele Orte, zu denen ich regelmäßig fahren muss, die zu weit entfernt sind als dass ich sie mit dem Fahrrad oder dem Scooter erreichen könnte. Also landet man zwangsläufig beim…

ÖPNV.

Herzlichen Glückwunsch – und gute Nacht!
Monatskarten sind so unfassbar teuer, dass mich nicht wundert warum so wenige Menschen darauf umsteigen. Um ein paar Tarifzonen zu durchkreuzen und Orte in 30 bis 40 Kilometer Entfernung erreichen zu können, werden pro Monat gerne mal 230 Euro fällig. Wenn man darauf verzichten kann, morgens vor 9 Uhr zu fahren, reduziert sich der Preis schlagartig auf 120 Euro. Aber auch das ist für eine Monatskarte unfassbar viel Geld, wenn man dafür noch nicht einmal das gesamte Tarifgebiet des Verkehrsverbundes durchfahren kann. Ganz im Gegenteil: Zeitkarten sind streckenbasiert, und nicht umkreisbasiert. So gilt beispielsweise die Tarifzone 4 nicht wie bei Einzelfahrscheinen ausgehend von der Starthaltestelle in alle Himmelsrichtungen, sondern nur in eine Richtung, und zwar in die des Zielgebiets. In unserem tollen Verkehrsverbund Rhein Sieg kann ich also mit einer Karte für 122 Euro im Monat noch nicht einmal von Hürth nach Köln oder von Hürth nach Erftstadt fahren, obwohl beides unmittelbar angrenzende Tarifregionen sind.

Es erwarten einen Bahnen und Busse die gedrängelt voll sind, die oftmals dreckig und unhygienisch sind, für die der Fahrplan nur eine Richtschnur ist und die im Winter bei Kälte und Schnee auch gerne mal ausfallen, weil niemand das rollende Material rechtzeitig auf den Winter vorbereitet hat. Hinzu kommt, dass man gerade zu den weiter entfernten Orten abends und am Wochenende aufgrund einer lächerlich geringen Anzahl an Verbindungen vielleicht noch hinfahren kann, aber spätestens der Rückweg zu einem Abenteuer wird und es nicht unüblich ist, dass man überhaupt nicht mehr von dort weg kommt: Busse fahren im Drei-Stunden-Takt und der letzte nachmittags um vier Uhr.

Dafür soll ich für eine Fahrkarte im Abonnement für ein Jahr mehr als 1.200 Euro zahlen? Und wenn ich mein Abo vor dem Ablauf der Mindestlaufzeit beende, zahle ich für alle vergangenen Monate des Jahres rückwirkend die Differenz als hätte ich niemals ein Abo gehabt. Wenn ich also nach zehn Monaten das Abo kündige, um rechtzeitig nach Ablauf der Mindestlaufzeit von 12 Monaten meine Karte loszuwerden, zahle ich fröhliche 300 Euro nach. Wer denkt sich sowas aus? Ist das nicht vielleicht sogar illegal? Ich stelle die kühne Behauptung auf: es hat nur deshalb noch niemand dagegen geklagt, weil der Grundpreis schon so lächerlich hoch ist dass überhaupt niemand ein solches Ticket kauft, ganz unabhängig von den miserablen Vertragsbedingungen.

Ich möchte mal einen kühnen Vergleich anstellen: bei der Deutschen Bahn zahle ich für eine BahnCard 100 in der zweiten Klasse pro Jahr knapp 3.900 Euro. Dafür kann ich rund um die Uhr mit allen Bahnen quer durch ganz Deutschland fahren. Inklusive ICE, IC, Regionalbahnen und DB-Busse. Von Flensburg bis nach Passau, von Frankfurt an der Oder bis nach Aachen. Wenn ich will kann ich das ganze Jahr im Zug verbringen.
Die höchste Kategorie der Dauerkarte im Verkehrsverbund kostet 3.100 Euro pro Jahr und ich kann keine 100 Kilometer Luftlinie hinter mich bringen. Wer denkt sich sowas aus?

Ich kann verstehen dass in den Großstädten viele Menschen schwarz fahren. Auch Bekannte von mir machen das erfolgreich seit Jahren. Im Schnitt sind sie ein Mal in zwei Jahren kontrolliert worden, und durften zur Strafe 60 Euro zahlen. Es ist blöd, dass ich das aus Prinzip nicht mache. Der ehrliche zahlt die Zeche. Leider ist es auch im ÖPNV so. Miserabler Service, unterirdisch schlechte und langsame Verbindungen, lächerlich horrende Kosten. Der Vergleich mit der BahnCard ist für mich immer noch am beeindruckendsten. Die BahnCard 100 würde ich mir für den Preis sofort kaufen. Leider gilt sie nicht in Bussen und Straßenbahnen. Das Monatsticket für den Verkehrsverbund VRS ist sein Geld nicht wert. Jede Faser meines Körpers wehrt sich dagegen, so viel Geld für so schlechte Dienstleistungen auszugeben, zu so abartigen Konditionen.

Ich weiß noch nicht, wie ich von A nach B komme. Der ÖPNV ist aber eine bodenlose Unverschämtheit.