Handwerkszeug

Kann man kurz machen. Habe ich nicht. Zumindest kein gutes und nicht in den üblichen Mengen, wie Männer sie im Haushalt ansammeln. Das hat auch einen Grund. Ich habe nämlich kein Geschick. Wenn ich mir vorstellte, ich würde mit einer Tischkreissäge ein Stück Holz in zwei gleich große Hälften teilen müssen, hätte ich in Folge dessen drei Teilstücke, zwei davon zersplittert, drei Splitter in der Hand und einen Finger weniger.

Man kann es aber schon wieder kurz machen: neidisch bin ich schon auf all die, die ein Händchen dafür haben. Ich habe einen Kollegen, der ist im Beruf ein sehr feinfühliger Toningenieur, der mit enorm viel Talent die Instrumente eines klassischen Konzerts zu einem fantastischen Klang mischen kann. Das fordert ein hohes Maß an Spürsinn und die Fähigkeit, aus einem Kuddelmuddel an Geräuschen das Englisch Horn herauszuhören und seinen Fingern den Befehl zu geben, den Regler für das Instrument um einen zehntel Millimeter nach oben zu schieben, damit es ein bisschen lauter wird im Vergleich zur Ersten Geige. Dieser zehntel Millimeter macht aus einem Kuddelmuddel ein Konzert.
Wenn er aber zuhause ist, findet er sich in am liebsten in seinem Handwerkskeller ein. Und dort ist er umgeben von den martialischsten Geräten wie Kreissägen in jeder Form und Größe, Bohrer, Hammer, Spezialwerkzeuge, elektrisch und manuell zu bedienen, und von allem immer nur die beste Qualität und die teuersten Markenprodukte. Er macht alles selbst. Reparaturen am Haus, am Wohnmobil, an seiner Familie. Er baut, repariert, schraubt, sägt, hämmert und klöppelt alles, was ihm in die Finger kommt. Und wenn er gerade nichts in den Fingern hat, baut er in seinem Freundeskreis herum oder verleiht sein hochwertiges Equipment an die Haustechnik-Abteilung unserer Firma. Weil er um Längen besser ausgestattet ist als jeder mittelmäßige Baumarkt. Toll. Ich bewundere das, während ich meinen Finger einsammele und in die Notaufnahme fahre, weil ich nur einen Nagel in die Wand hämmern wollte, dabei aber irgendwie in der Kreissäge gelandet bin.

Wenn bei mir was kaputt geht, wie gestern der Wasserhahn, bei dem sich das Innenleben aufgrund des hohen Alters in seine Einzelteile zerlegt hat und er sich nun nicht mehr aufdrehen lässt, steht mir der Schweiß auf der Stirn. Einen Wasserhahn zu tauschen ist kein Hexenwerk. Kaufen, Wasser abstellen, Schläuche abschrauben, Schläuche anschrauben, Wasser aufdrehen. Damit beruhige ich mich selbst. Innerlich denke ich: Scheiße. Was ist wenn irgendwas verklemmt oder tropft oder nicht dicht ist oder die Wand einstürzt? Ich möchte nicht noch einen Finger in der Kreissäge verlieren. Alpträume!

Nein. Noch habe ich alle zehn Finger. Und vor Jahren hab ich schonmal einen Wasserhahn getauscht. Das ging einfach. Ich hoffe es wird wieder so. Für alles andere bräuchte ich Handwerker und gutes Werkzeug. Denn das habe ich in der Tat nicht. Im Baumarkt stelle ich mir immer die Frage: warum soll ich für viel Geld ein Dingsbums kaufen, was ich höchstens ein Mal in meinem Leben brauche, nämlich jetzt. Ohne zu wissen wie man damit umgeht und ob ich das überhaupt kann. Also lasse ich es im Regal liegen und erfreue mich am Anblick im Baumarkt mit dem sehnsüchtigen Gefühl nach dem Wunsch, einfach auch alles selbst machen zu können.