Fahrradfahren macht Spaß und ist gesund. In der Großstadt jedoch gibt es viele Kreuzungen und Engstellen, an denen man als Fahrradfahrer aufgeschmissen ist und oftmals Leib und Leben riskiert. Man wird nicht gesehen, Autos haben keinen Platz zum Ausweichen und die Fahrradwege sind in einem bemitleidenswerten Zustand. An allem könnte man etwas ändern.
Was jedoch vielerorts passiert, ist hanebüchen. Man hat das Gefühl dass die Stadtverwaltung Autos am liebsten ganz aus dem Stadtbild verbannen will. Es gibt Beispiele von Umbauten der Straßen, die einen am Verstand der Stadtplaner zweifeln lassen. Eine vierspurige Innenstadt-Straße, in der rund um die Uhr viel Verkehr und zu Stoßzeiten lange Staus an der Tagesordnung sind, wird zu einer zweispurigen Straße mit einer Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h. Was ist das Resultat? Die Staus sind noch länger, die Kreuzungen noch verstopfter, die Aggression und das Hupkonzert noch stimmungsvoller. Wundert das jemanden? Ich denke nicht. Die Geschwindigkeitsbeschränkung ist kein Problem, denn die durchschnittliche Geschwindigkeit lag schon vor dem Umbau eher bei 5 bis 10 km/h. Sicherer für die Fahrradfahrer ist es aber nicht geworden. Gleichzeitig werden nur wenige Meter weiter die Parkstreifen aufgelöst. Dabei gibt es sowieso schon zu wenige Parkplätze. Jetzt werden die Gehwege verbreitert und Gastronomiebetriebe können draußen Tische und Stühle aufstellen. Auch das ist eigentlich eine schöne Idee. Aber eigentlich ist eigentlich ein doofes Wort.
Was sollen denn die Autofahrer machen? Wohin sollen sie denn ausweichen? Auf den öffentlichen Personennahverkehr? Sie denken an den Nahverkehr, der in Zeiten der Corona-Krise die Bahnen und Busse an allen Wochentagen nur noch mit dem Wochenendfahrplan fahren ließ? Mit dem Ergebnis dass alle Bahnen, egal zu welcher Tageszeit und erst recht im Berufsverkehr, so rappelvoll waren dass man noch nicht einmal mehr einen Stehplatz bekam? Der ÖPNV, der hier im Rheinland in jedem Jahr beim ersten Frost linienweise ausfällt, weil niemand darauf vorbereitet war dass es Winter wurde? Der ÖPNV, bei dem der Fahrplan eher einer Richtschnur gleicht, an die man sich halten kann aber nicht muss? Der so teuer ist, dass man auf einer Hin- und Rückfahrt in die Stadt mehr Geld los wird als wenn man mit dem Auto fahren würde und im teuersten Parkhaus der Stadt sein Auto abstellte? Der ÖPNV, der irgendwann den Preisvorteil von Viererkarten heimlich und leise gestrichen hat und man dafür jetzt so viel zahlt wie für vier einzelne Tickets? Was ist der Anreiz, eine Streifenkarte zu kaufen? Warum streicht man sie ehrlicherweise nicht ganz aus dem Programm? Diesen ÖPNV meinen Sie? Der sich Jahr für Jahr darüber beklagt, dass er immer mehr Verlust macht und dessen einzige Lösung darin besteht, immer und immer wieder die Ticketpreise zu erhöhen anstatt irgendwann mal darüber nachzudenken, dass Angebot zu verbessern? Gelächter!
Platz in der Stadt ist knapp. Aber nur weil man ihn noch weiter reduziert heißt das nicht, dass alle Autos einfach so verschwinden. Es ist so wie mit bauchfreier Bekleidung: nur weil die Bekleidung bauchfrei ist, heißt das nicht dass die Trägerin automatisch auch bauchfrei ist.
Pfiffige Konzepte sind gefragt. Die kann es geben, aber nur wenn man im großen Stil ansetzt und Änderungen herbeiführt. Einzelne Aktionen wie die oben angesprochene Straßenverengung sind kontraproduktiv. Niemand mit halbwegs Verstand verlangt kostenlosen Nahverkehr. Aber man muss Anreize bieten, damit Menschen ihr Verhalten ändern. Und man muss Ausweichmöglichkeiten bieten. Denn die Bewohner der Innenstadt können ihre Autos nicht in Luft auflösen, wohnen aber dennoch in der Stadt und haben halt auch ein Auto. Und Fahrradfahrer sind zwar schön und gut, aber nicht jeder kann oder will mit dem Fahrrad fahren. Wie gesagt: pfiffige Konzepte. An denen mangelt es ganz extrem.
Und wenn wir schonmal dabei sind: kann mal jemand den Fahrradfahrern sagen, dass auch sie sich an Verkehrsregeln zu halten haben? Bei Rot nicht zu fahren gehört dazu, und nicht in Höchstgeschwindigkeit über den Zebrastreifen zu fliegen in der Annahme, dass die Autos schon anhalten werden. Das würde dazu beitragen, die aufgeheizte Stimmung zu lockern. Einzig mir fehlt der Glaube dass die Fahrradfahrer sich ändern werden. Sie sind ja die Engel der Straße. Und wer sie kritisiert – selbst wenn es zu recht ist – muss schnell das Weite suchen.