In den Sommermonaten schlafe ich immer mit geöffnetem Fenster. Da das Vordach meines Balkons mein Fenster vor Regen und Sturm schützt, kann ich es auch bei schlechtem Wetter problemlos weit geöffnet lassen. Es regnet niemals hinein und es kann auch niemand einsteigen, weil ich im dritten Stock wohne. So kommt es, dass mein Fenster im Sommer immer offen ist. Mein Vorhang schützt mich vor Blicken, und ein Fliegengitter sorgt dafür, dass sich niemand hinein verirrt außer eben der frischen Luft.
Naturgemäß bekomme ich bei geöffnetem Fenster aber auch mehr von der Außenwelt mit. Lärm von der Straße und vorbeifahrende Feuerwehrautos hören sich an, als würden sie unmittelbar durch mein Schlafzimmer fahren, obwohl meine Wohnung auf der abgewandten Seite der Hauptverkehrsstraße liegt. An all so etwas gewöhnt man sich aber schnell und es stört mich nicht im Geringsten.
In den letzten Wochen wurde ich früh morgens öfters von Applaus und Pfiffen geweckt. Ich kann’s natürlich verstehen, denn wenn jemand wie ich irgendwo ist, erntet er naturgemäß Applaus, und so legte ich mir schon meine Autogrammkarten bereit, damit ich meinen Fans was in die Hand drücken konnte. Aber: in meinem Schlafzimmer? Wer hat die denn da reingelassen? Wo kommen die auf einmal her?
Sie können sich vorstellen, dass ich maßlos enttäuscht war als ich herausfand, dass der Applaus nicht mir gegolten hat. Diese undankbaren Fans. Sie applaudierten jemand anderem.
Es wurde immer früh morgens geklatscht und mit einer Trillerpfeife gepfiffen, irgendwo auf einem der umliegenden Balkone. Was für ein Blödsinn. Wohnt hier jemand, der nicht mehr alle Tassen im Schrank hat? Die kurze Antwort ist: ja. In der Tat.
In einem Busch oder einem Baum oder auf dem Dach, irgendwo hat ein Elsterpärchen ein Nest gebaut freut sich über Nachwuchs. Der Nachwuchs hat früh morgens Hunger und erzählt das munter in der Gegend herum. Damit die Eltern es mitbekommen, tut er das mit entsprechender Lautstärke. Und die Eltern rufen zurück, meist etwas gedämpft, weil wahrscheinlich der ein oder andere Wurm in ihrem Schnabel die Aussicht genießt und den Schallwellen im Weg hängt. Elsterkinder erreichen eine beeindruckende Lautstärke. Zu laut für einen Nachbar, wie mir scheint.
Der Vollidiot klatscht so lange und pfeift mit einer Trillerpfeife, bis Ruhe im Nest ist. Um halb sechs Uhr morgens. Wenn ich eine Möglichkeit hätte, herauszufinden wer es ist, dann würde ich ihm seine Trillerpfeife auf unschöne Art und Weise zwischen die Zähne schieben.
Wie dumm können Menschen sein? Anstatt dass man sich freut über ein bisschen Natur in der Stadt und über Vogelgezwitscher, stellt man sich auf den Balkon, klatscht und pfeift bis Ruhe ist? Das ist armselig. Sehr sehr armselig. Ich unterstelle, dass niemand von Vögeln geweckt wird. Aber ich werde ja von dem Klatschen und Pfeifen geweckt und bin ganz gewiss nicht der einzige, dem es so geht.
Wenn Du das also durch Zufall lesen solltest, Du Idiot, dann schick ein Stoßgebet zum Himmel dass ich nicht herausfinde, wer Du bist. Denn dann wird es auch klatschen, aber keinen Beifall.