Beschäftigen wir uns nun mit den Auswirkungen auf die personelle Entwicklung in der Branche, in der die Fachkräfte genau so knapp sind wie wahrscheinlich in vielen anderen Bereichen unserer Industrie.
Die immer weiter sinkenden Preise, die die Kunden bereit sind zu bezahlen, wirken sich natürlich nicht nur auf Investitionen aus, sondern auch auf das Personal. Deswegen kann man diesen dritten und letzten Teil der Blogreihe auch relativ kurz fassen. Geld: keins da. Auch nicht fürs Personal. Gute Fachkräfte einzustellen kann man sich nicht leisten, deswegen bestehen die einzig nennenswerten Personalzugänge aus ehemaligen Auszubildenden. Die bringen aber natürlich auch nur selten überdurchschnittlich gutes Wissen mit, und noch wichtiger: keine Erfahrung. Aufgrund der stetigen Weiterentwicklung im technischen Bereich hin zu IT-basierten Systemen werden zunehmend Kenntnisse verlangt, die das aktuelle Personal nicht leisten kann, oder nicht zu leisten bereit ist. Eigentlich müsste man Fachkräfte einstellen, die aus der IT-nahen Umgebung kommen. Die sind rar und, viel elementarer: kosten Geld. Wir erinnern uns: Geld ist keins da.
Auch hier bemerken Sie als geneigter Leser eine nicht zu verachtende Schieflage, in der unser Kahn liegt. Die dadurch nicht verbessert wird, dass es beim größten Teil des Personals seit Jahren keine nennenswerten Gehaltsanpassungen gab. Mitarbeiter suchen sich neue Arbeitgeber, die vornehmlich aus einer anderen Ecke unseres Produktionsdreiecks kommen als die technischen Dienstleister. Oder aber sie verlassen gleich die ganze Branche und entscheiden sich für einen Neuanfang weit weg von der Fernsehbranche. Manchmal geben 200 Euro brutto den Ausschlag, den Betrieb nach mehr als zwanzigjähriger Zugehörigkeit zu wechseln. 200 Euro, die die Dienstleister einfach nicht mehr haben, um einem guten Mitarbeiter nach deutlich mehr als fünf Jahren ohne Gehaltserhöhung eine Lohnanpassung zukommen zu lassen. Auch wenn die Bezahlung nicht alles ist, irgendwann reduziert es sich doch darauf. Das Team kann so gut sein wie es will, die Arbeit so abwechslungsreich wie sie will. Wenn am Ende des Geldes noch zu viel Monat übrig ist, überlegt man sich wie lange man den Zirkus noch mitmachen möchte. Es gibt Kollegen, die im Alter von 30 bis 40 Jahren nicht genug verdienen, um eine Familie gründen zu können, ohne dass der Partner oder die Partnerin dazuverdient. Manche werden – kein Witz! – im Alter von 30 Jahren und acht Jahre nach Beendigung ihrer Ausbildung noch von ihren Eltern finanziell unterstützt, weil sie sich sonst Miete und Auto nicht leisten könnten. Willkommen im Niedriglohnsektor. Die Kassiererin an der Supermarktkasse verdient mehr als ein Techniker auf dessen Schultern die Herstellung eines Produktes lastet, dass am Ende, wenn es über die Fernsehschirme flimmert, für den Sender Millionen an Werbeeinnahmen generiert. Das war nicht immer so, die Situation verschlimmert sich aber zunehmend. Die einzig ausreichend bezahlten Positionen findet man bei den Öffentlich-Rechtlichen Anstalten, die jedoch stellen nur selten neue Mitarbeiter ein. Aufgrund ihrer Finanzierung können sie sich Fachkräfte leisten. Und auch die Investition in neue Technik fällt leichter. Der gesamte Bereich des privaten Rundfunks ist von dieser massiven und für viele existenziellen Schieflage betroffen. Allerdings: nur die Dienstleistungsunternehmen. Denn die Sendeanstalten erwirtschaften jedes Jahr höhere Gewinne.
Drei Beiträge im Blog reichen aus, um festzustellen dass die Bewegtbildbranche ihre besten Zeiten hinter sich hat, solange sich nicht schnell etwas an den Rahmenbedingungen ändert. Niemandem kann man es verübeln, wenn er sich nach Alternativen umsieht und sich bietende Gelegenheiten nutzt. Fachkräfte wandern ab und nehmen enormes Wissen und wichtige Erfahrung mit. Das, was nachkommt, ist selten richtig gut. Gutes kostet Geld. Auch bei vielen langjährigen Mitarbeitern sinkt von Jahr zu Jahr die Hemmschwelle und sie gehen das Risiko ein, auch im fortgeschrittenen Alter nochmal ganz neu anzufangen. Andere Stadt, andere Branche, andere Menschen. Hauptsache nichts mit Medien.
Früher wurde immer gewitzelt, wenn ein Kollege sein Kind mit zur Arbeit brachte: pass bloß auf, dass Dein Nachwuchs nichts mit Medien macht! Man wollte in ironischer Form zum Ausdruck bringen, dass die kostenlosen Kaltgetränke nach erfolgreicher Produktion nicht mit noch einer Person mehr geteilt werden sollten. Heute sagt man den selben Satz: pass bloß auf, dass Dein Nachwuchs um Gottes Willen nichts mit Medien macht! Jetzt jedoch sagt man es mit einem angsterfüllten Gesicht, in der Hoffnung dass der Nachwuchs einen zukunftssicheren Job wählt.