Der Prolog
Langsam hat es sich bis zu den Bewerbern um einen Ausbildungsplatz herumgesprochen: die Arbeit in Medienberufen versprüht heute nicht mehr den Charme, den sie noch vor ein paar Jahren hatte. Früher gab es hunderte Bewerbungen auf einen Ausbildungsplatz, heute gibt es oftmals nicht einmal mehr ausreichend qualifizierte Bewerber für die vorhandenen Plätze. Schade eigentlich, sollte man meinen. Aber wer kann es den zukünftigen Nicht-Azubis verdenken, wenn nicht einmal mehr die Angestellten in dieser Branche von der Zukunftsfähigkeit derselben überzeugt sind.
Natürlich steht und fällt diese Einschätzung mit der Betrachtung der grundverschiedenen Unternehmen in diesem Bereich auch unterschiedlich aus. Es gibt nach wie vor Firmen, für die die rosige Zeit noch nicht vorbei ist. Sie erwirtschaften immer höhere Gewinne, können ihren Mitarbeitern Boni und Sonderleistungen zukommen lassen, stellen ihre Aktionäre zufrieden und haben ganz gewiss auch eine gute Zukunft vor sich. Diese Zukunft bauen sie aber auf dem Rücken der Unternehmen aus, die durch die marktbeherrschende Situation ihrer Auftraggeber selten eine andere Wahl haben, als sich ihren Forderungen zu ergeben. Wettbewerb und langfristige Zukunftssicherung sehen anders aus.
Wie komme ich zu dieser mutigen Behauptung? Dazu möchte ich in drei Beiträgen Stellung beziehen. Losgehen tut es hier und jetzt mit dem ersten Teil und er soll sich mit den Rahmenbedingungen unseres Geschäfts befassen. Quasi ein allgemeiner Überblick wie diese Branche funktioniert, wer mit wem auf welche Art verbunden ist und wo Abhängigkeiten bestehen. Kurzum: ein kleiner Blick hinter die Kulissen einer Branche, die so grundlegend anders funktioniert als es sich Otto-Normalbürger gemeinhin vorstellt.
Betrachten wir die Geschäftsmodelle. Sie sind nicht besonders kompliziert und lassen sich einfach beschreiben. Die Firmen um die es mir maßgeblich geht und bei denen die größte Unsicherheit für die Zukunft besteht, bieten technische Dienstleistungen, also Studiohallen, Beleuchtung, Kameras, Mikrofone, Regieräume und Übertragungswagen an. Sie werden beauftragt von Produktionsfirmen, die ihrerseits vom Sender beauftragt werden um eine Sportveranstaltung, eine Fernsehshow oder ein Musikkonzert zu produzieren, damit der Fernsehsender oder Streaming-Dienst dem Zuschauer am Ende des Tages ein volles Programm bieten kann. Warum der Sender das nicht alles selber macht? Weil es teuer ist und er die nötige Technik und Infrastruktur sowie die Mitarbeiter in ausreichender Zahl nicht selbst vorhalten kann, ohne seine Profitabilität zu verlieren. Es besteht also die Notwendigkeit der Existenz dieser technischen Dienstleister. Ohne diese bliebe der Fernseher dunkel. Es ist wirklich so: die allermeisten Konzerte und Unterhaltungsprogramme sowie ausnahmslos alle Fußballspiele werden von technischen Dienstleistern umgesetzt. Sie sind diejenigen mit dem Know-How und der Erfahrung, das Fernsehprogramm herzustellen. Und zwar alles, was technisch irgendwie damit zusammenhängt. Vom leeren Studio bis zur Satellitenübertragung der fertigen Sendung. Fernsehsender selbst sind in den allermeisten Fällen Abspielstationen mit redaktionellem Background. Manche von ihnen stellen gerade noch ihr eigenes Nachrichtenprogramm in einem eigenen Studio her. Für alles andere braucht es externe Redaktionen (Produktionsfirmen) und technische Dienstleister. Eine Dreiecksbeziehung, die eigentlich gut funktionieren kann, und die auch über viele Jahrzehnte ganz hervorragend und stabil gehalten hat.
Der Vollständigkeit halber soll nicht unerwähnt bleiben, dass diese Dreiecksbeziehung zwischen Fernsehsender, Produktionsfirma und technischen Dienstleistungsunternehmen sowohl die privaten als auch die öffentlich-rechtlichen Anstalten gleichermaßen betrifft. Mit dem Unterschied dass die Öffentlich-Rechtlichen in Deutschland prozentual mehr Sendezeit selbst herstellen weil sie sowohl historisch bedingt als auch aufgrund ihrer Finanzierung viel mehr Möglichkeiten haben als die Privaten. Sie besitzen mehr eigene Studios und mehr Technik selbst. Allerdings sind auch sie von den Produktionsfirmen und Dienstleistern abhängig, nur zu einem geringeren Prozentsatz.
Dies soll als grundlegende Beschreibung eines komplexen Wirtschaftszweiges ausreichen. Daran anschließend stelle ich die Gretchenfrage: wer ist von wem abhängig, wer sitzt am längeren Hebel und wer am kürzeren? Wer kann Preise vorgeben und wer ist der benachteiligte Verhandlungspartner? So viel sei verraten: Sie werden sich wundern, was am Ende dabei herauskommt und warum das zum Problem für diese Branche wird.