Plastikmüll. Ganz schlimm. Verschmutzt die Meere. Wirklich. So viel Müll, dass die Ausmaße eine Wasserfläche von 1,4 Millionen Quadratmetern überschreitet. Das ist drei Mal so groß wie Frankreich. Die Folgen für die Umwelt sind nicht absehbar. Im Jahr 2050 übersteigt das Volumen des Plastikmülls in den Weltmeeren das der Fische. Das ist eine katastrophale Entwicklung. Denn ich weiß nicht, wie man die Entwicklung dahin aufhalten soll.
Die Vermeidung von Plastik steht ganz weit oben auf der Liste, das ist klar. Jedoch bin ich als eingefleischter Pessimist vom Erfolg dieses ohne Zweifel größten Ziels der Menschheit, nämlich unseren schönen Planeten bewohnbar und so weit wie möglich gesund und vielfältig zu halten, nicht überzeugt. Vielfältig im Sinne von Artenvielfalt, biologischer Vielfalt, Vielfalt der Lebensräume. Also im Grunde genommen: Erde ohne menschlichen Einfluss. Jedoch ist unsere Spezies dazu gemacht, Einfluss auszuüben. Allein durch unsere pure Existenz. Der Mensch ist das einzige Lebewesen auf der Welt, was sich nicht an seinen Lebensraum anpasst. Er passt den Lebensraum an sich an, und darin liegt die Wurzel des Problems.
Seitdem es Menschen gibt, machen sie sich alles Untertan. Zuerst die Pflanzen, durch Kultivierung und Ackerbau. Dann die Tiere, durch Jagd und Zucht. Zwischendurch auch immer wieder andere Menschen. Dieses Verhalten ist aus dem Homo Sapiens wahrscheinlich nicht heraus zu prügeln. Seiner Intelligenz verdankt er, dass er in der Lage ist, seine Spezies am Leben zu erhalten. Und wenn er merkt, dass er diesbezüglich ins Hintertreffen gelangt, sagt ihm sein Kopf: das musst Du ändern. Beherrsche. Wachse. Verschaffe Dir mehr Macht. Daraus folgten Sklaverei und Kriege.
Im Grunde genommen ist alles Böse der menschlichen Rasse ein Resultat des Verlangens, sich selbst gegenüber dem Männchen in der nächsten Höhle zu behaupten, und abends das größere Tier zur Ernährung von Frau und Kind nach Hause zu schleppen und auf größerem Feuer als dem des Nachbarn zu braten. Und die Religion, die ist ebenso ein Grund für manch Böses in der Welt, aber das steht auf einem anderen Blatt.
An welcher Stelle bin ich jetzt gedanklich abgebogen? Es ging doch um Plastikmüll. Also gut, zurück dazu.
Die Vermeidung von Plastikmüll steht zu Recht weit oben auf der Liste. Sogar Länder des afrikanischen Kontinents haben kürzlich beschlossen, Plastikartikel zu verbieten. Und das will was heißen. Dennoch bin ich als Pessimist – und jetzt weiß ich wieder, an welcher Stelle ich abgebogen bin – nicht davon überzeugt, dass das klappt. Oder anders: wenn es klappen sollte, glaube ich dass wir uns anderer Stelle ein viel größeres Loch reißen.
Nehmen wir mal die Plastiktüte, auf die momentan alle eindreschen. Der ökologische Fußabdruck bei der Herstellung von einer Plastiktüte ist minimal im Vergleich zu einer Papiertüte und einer Baumwolltasche. Die Herstellung einer Papiertüte benötigt etwa doppelt so viel Energie, ganz zu schweigen von den Schwefeldioxiden und Stickoxiden, die Wasser und Luft belasten. Bei der Baumwolltasche sieht es ähnlich aus: es entsteht etwa 15 Mal mehr CO2 bei der Herstellung als bei der Plastiktüte.
Egal wie man es dreht: die Lage wird nicht besser. Das meine ich mit „ein größeres Loch reißen“. Vielleicht verringert sich der Plastikmüll geringfügig wenn es keine Tüten mehr gibt und keine Wattestäbchen und kein Plastikbesteck. Nehmen wir aber mal an, es müsste mindestens im gleichen Maß Ersatz geschaffen werden. Dieser Ersatz braucht dann plötzlich das Doppelte an Energie, erzeugt den 15-fachen Kohlendioxidausstoß, und verpestet die Luft mit Schwefeldioxid und Stickoxid. Toll!
Vielleicht sollte man überlegen, anstatt von blindem Aktivismus lieber sinnvolle Alternativen zu finden. Es ist nicht so, als hätte ich viele Ideen, aber auf die Schnelle kommt mir doch eine. Zum Beispiel ein Euro Pfand auf eine Plastiktüte. Dann wird sie nicht unachtsam in die Natur geworfen sondern zurück gebracht und einem fachgemäßen Recycling zugeführt. Wäre eine Win-Win-Situation für das Klima, den Umweltschutz und den Geldbeutel.
Aber eine solche Lösung wird es nicht mehr geben, jetzt, wo die Plastiktüte keine Lobby mehr hat. Denn was wir schon aus so vielen guten und sogar phänomenalen Ideen gelernt haben, die großes Potential gehabt hätten, unsere Welt besser, gesünder, moderner oder sicherer zu machen: wenn sie keine Lobby haben, haben sie keine Chance. So ist das nunmal. Ein Hoch auf Geschäfte ohne Plastiktüten und den Anstieg des CO2-Ausstoßes als Resultat dessen. Ich hätte jetzt gerne jemanden, der mir das mal gegeneinander rechnen kann.
Um nicht falsch verstanden zu werden: ich bin für den Umweltschutz. Und ich bin gegen die Müllinsel und für Fische im Meer und gesunde Bäume im Wald. Ich habe aber Angst, dass sich die Menschheit – und dass meine ich durchaus global – durch den Aktivismus einzelner und die Dummheit der Masse von einer Misere in eine viel größere und gefährlichere Misere manövriert. Aktivismus und Angst sind nie gut. Aber leider unterbinden sie die Fähigkeit, in Ruhe nachzudenken und intelligente Lösungen zu finden, im gleiche Maße wie sie auftreten.