Der Countdown läuft

So war das eigentlich nicht geplant. Ein neuer Beitrag pro Jahr? Das ist wenig. Viel zu wenig. Denn es geht mir ja ums Schreiben. Um den Spaß daran, Gedanken, Gefühle und Erlebnisse in Buchstaben festzuhalten. Warum komme ich einfach nicht dazu, mich regelmäßiger und in Ruhe hinzusetzen?
Ausreden hätte ich genug; es gibt nicht die eine Erklärung. Genau so wie es nicht die eine Erklärung dafür gibt, warum bei der Deutschen Bahn viel schief läuft, oder warum es nicht den einen Grund dafür gibt, dass der Keks trocken wird, wenn er zu lange in der Dose liegt. Obwohl, doch. Für letzteres gibt es die eine Erklärung. Doofes Beispiel. Aber Sie verstehen meinen Punkt, denke ich.

Ich habe viel verändert im Laufe der letzten Monate. Es hat sich viel verändert. Ganz abgesehen vom privaten Glück, was sehr viel Raum und Zeit einnimmt weil es räumlich woanders stattfindet als mein berufliches Leben – Stichwort Fernbeziehung – habe ich auch im beruflichen Leben etwas geändert. Darüber, dass einiges nicht mehr so lief wie bisher, hatte ich ja bereits berichtet. Und dass sich die Spirale immer schneller drehte und die Richtung aber nicht mehr ändern ließ, zumindest nicht von mir, musste ich die Dinger ziehen. Die, ach, wie heißen sie, die Konsequenzen. Kündigen. Und ich war innerlich so weit, dass ich gekündigt hätte ohne einen neuen Vertrag unterzeichnet zu haben. Ein riskantes Unterfangen, was so überhaupt nicht zu mir passt. Dass ich dazu bereit gewesen wäre, sagt einiges über meinen Gemütszustand aus, wenn man mich kennt.

Es kam anders. Glücklicherweise. Es kam auf mich zu. Er. Der neue Job. Aus der Erfahrung der jüngsten Vergangenheit kamen in beruflichen Belangen immer nur unschöne Dinge auf mich zu. So überraschte es mich doch ziemlich, dass das Telefon klingelte und jemand sagte: „Möchtest Du für uns arbeiten? Wir haben da einen schönen Job für Dich und hätten Dich gern an Bord“. Aufgrund der andauernden Unzufriedenheit habe ich spontan einem Kennenlerngespräch zugestimmt, was zu einem Vorstellungsgespräch wurde, welchem dann ein Team-Meeting folgte. Zehn Tage später unterzeichnete ich einen Arbeitsvertrag, drei Tage später meine Kündigung. Also ein Jobwechsel im Schnellwaschgang.
Ob sich die genutzte Chance als Glücksgriff erweist, bleibt abzuwarten. Aber wenigstens bin ich guten Mutes, dass es zumindest keine gravierende Fehlentscheidung war. Mein Gemütszustand hat es positiv aufgenommen: ich bin besser gelaunt und stehe dem täglichen Übel bis zum Ende meiner Kündigungsfrist gelassen gegenüber. Alles andere kommt dann. Wenn es so weit ist.

Wenn ich aus diesem Wechsel etwas gelernt habe: er tut nicht weh. Auch nicht nach zwanzig Jahren Firmenzugehörigkeit. Der Schmerz der Arbeit muss entweder mit einem so horrenden Schmerzensgeld pro Monat ausgeglichen werden, dass man das Leid erträgt, oder man muss halt irgendwann den Absprung wagen.
Wenn der Absprung in die richtige Richtung erfolgt, hat man Glück. Wenn nicht, springt man eben einfach noch einmal. Der aktuelle Fachkräftemangel beschert einem zahlreiche Möglichkeiten auch außerhalb der eigenen Komfortzone. Mit der Idee, in eine komplett andere Branche zu wechseln, hatte ich ja sowieso geliebäugelt und es ist nach wie vor eine Alternative für mich. Diesen Sprung habe ich jetzt nicht gemacht, aber nur weil mich eine gute Lösung gefunden hat. Falls es schief geht, kann ich immer noch etwas anderes machen. Eisenbahn fahren zum Beispiel. Oder Straßenbahn. Oder Güterbahn.

Bis es nun im neuen Job losgeht, nutze ich die Zeit zur Entspannung im Büro, und zum Durchatmen am Wasser. Spätestens in wenigen Wochen geht es wieder richtig motiviert neu los. Der Countdown läuft.